Die Vor­sor­ge­voll­macht: Selbst­be­stim­mung in jeder Le­bens­la­ge

Zusammenfassung

Eine Vor­sor­ge­voll­macht ermöglicht es Ihnen, eine Ver­trau­ens­per­son zu be­stim­men, die in Ihrem Namen handelt, falls Sie selbst ent­schei­dungs­un­fä­hig werden. Sie schützt vor einer ge­richt­li­chen Be­treu­ung, sorgt für schnel­le Handlungsfähigkeit und bietet Ihnen die Freiheit, den Umfang der Vollmacht individuell festzulegen. So bleibt Ihre Selbst­be­stim­mung auch in schwierigen Lebenslagen erhalten.

Eine Vor­sor­ge­voll­macht ist ein wert­vol­les In­stru­ment, um Ihre Selbst­be­stim­mung auch dann zu wahren, wenn Sie ein­mal nicht mehr selbst ent­schei­den können. In diesem Artikel er­fah­ren Sie, warum eine Vor­sor­ge­voll­macht so be­deu­tend ist und welche kon­kre­ten Vor­tei­le sie für Sie bietet.

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Was ist eine Vor­sor­ge­voll­macht?

Eine Vor­sor­ge­voll­macht ist ein recht­li­ches Do­ku­ment, mit dem Sie als Voll­macht­ge­ber eine oder mehrere Ver­trau­ens­per­so­nen be­voll­mäch­ti­gen, in Ihrem Namen zu handeln, wenn Sie dazu selbst nicht mehr in der Lage sind. Obwohl das Bür­ger­li­che Ge­setz­buch (BGB) die Vor­sor­ge­voll­macht nicht na­ment­lich regelt, findet sie ihre recht­li­che Grund­la­ge in den §§ 164 ff. BGB[7].

Die Vor­sor­ge­voll­macht unter­schei­det sich von anderen Voll­mach­ten dadurch, dass sie speziell für den Fall gedacht ist, dass Sie durch Krank­heit, Unfall oder al­ters­be­dingt nicht mehr selbst ent­schei­den können. Sie tritt erst dann in Kraft, wenn diese Si­tua­ti­on ein­tritt, und er­mög­licht es Ihren Be­voll­mäch­tig­ten, in Ihrem Sinne zu handeln[8].

Fünf über­zeu­gen­de Gründe für eine Vor­sor­ge­voll­macht

1. Sie ver­mei­den eine ge­richt­li­che Be­treu­ung

Eine Vor­sor­ge­voll­macht schützt vor Fremd­be­stim­mung durch das Ge­richt. Ohne eine Vor­sor­ge­voll­macht wird im Falle Ihrer Ent­schei­dungs­un­fä­hig­keit ein ge­setz­li­cher Be­treu­er vom Be­treu­ungs­ge­richt bestellt[5]. Mit einer Vor­sor­ge­voll­macht können Sie diesen Prozess umgehen und selbst be­stim­men, wer Ihre An­ge­le­gen­hei­ten regeln soll[7][8].

Die Vor­sor­ge­voll­macht hat dabei laut § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB Vorrang ge­gen­über der staat­lich ver­ord­ne­ten Fremd­be­stim­mung. Dies stärkt Ihr Recht auf Selbst­be­stim­mung er­heb­lich[7].

2. Sie be­stim­men Ihre Ver­trau­ens­per­son selbst

Mit einer Vor­sor­ge­voll­macht wählen Sie aktiv aus, wer für Sie ent­schei­den soll. Dies können Fa­mi­li­en­mit­glie­der, Freun­de oder andere Per­so­nen sein, denen Sie un­ein­ge­schränkt ver­trau­en. Die freie Wahl Ihrer Ver­tre­tung gibt Ihnen Si­cher­heit, dass Ihre An­ge­le­gen­hei­ten in ver­trau­ens­vol­len Händen liegen[10].

Bitte be­ach­ten Sie: Ent­ge­gen einer weit­ver­brei­te­ten Meinung können Ehe­part­ner:innen oder er­wach­se­ne Kinder nicht au­to­ma­tisch für Sie ent­schei­den, wenn Sie hand­lungs­un­fä­hig werden. Eine Aus­nah­me bildet das seit 2023 gel­ten­de Not-Ver­tre­tungs­recht für Ehe­leu­te, das jedoch nur be­grenz­te Be­fug­nis­se und eine zeit­li­che Be­gren­zung von sechs Monaten umfasst[10].

3. Sie legen den Umfang der Voll­macht selbst fest

Ein be­son­de­rer Vorteil der Vor­sor­ge­voll­macht ist die Fle­xi­bi­li­tät bei der Ge­stal­tung. Sie ent­schei­den, ob die Voll­macht für alle An­ge­le­gen­hei­ten gelten soll oder nur für be­stimm­te Be­rei­che[5][8]. Ty­pi­sche Be­rei­che sind:

  • Ge­sund­heits­sor­ge und me­di­zi­ni­sche Be­hand­lun­gen
  • Auf­ent­halts­be­stim­mung (z.B. Aus­wahl eines Pflege­heims)
  • Ver­mö­gens­an­ge­le­gen­hei­ten und Fi­nanz­ge­schäf­te
  • Ver­tre­tung ge­gen­über Behörden und Ver­si­che­run­gen
  • Woh­nungs­an­ge­le­gen­hei­ten

Diese Fle­xi­bi­li­tät er­mög­licht Ihnen, die Voll­macht genau auf Ihre per­sön­li­chen Be­dürf­nis­se an­zu­pas­sen[9][10].

4. Sie er­mög­li­chen schnel­les Handeln in Not­si­tua­tio­nen

Eine Vor­sor­ge­voll­macht sorgt für Hand­lungs­fä­hig­keit ohne Ver­zö­ge­rung. In Not­si­tua­tio­nen können Ihre Be­voll­mäch­tig­ten sofort die not­wen­di­gen Ent­schei­dun­gen treffen und Hand­lun­gen vor­neh­men, ohne erst die ge­richt­li­che Be­stel­lung eines Be­treu­ers ab­war­ten zu müssen[7]. Dies ist be­son­ders wichtig bei me­di­zi­ni­schen Ent­schei­dun­gen oder fi­nan­zi­el­len An­ge­le­gen­hei­ten, die keinen Auf­schub dulden.

5. Sie sparen Zeit, Kosten und büro­kra­ti­schen Aufwand

Die Ein­rich­tung einer ge­setz­li­chen Be­treu­ung ist mit er­heb­li­chem büro­kra­ti­schem Aufwand und Kosten ver­bun­den. Zudem un­ter­lie­gen ge­setz­li­che Be­treu­er der Kon­trol­le durch das Be­treu­ungs­ge­richt. Mit einer Vor­sor­ge­voll­macht um­ge­hen Sie diese Pro­zes­se[7][11]. Bei der Aus­übung der Voll­macht ent­fällt die Kon­trol­le seitens des Be­treu­ungs­ge­richts, was die Ver­wal­tung Ihrer An­ge­le­gen­hei­ten deut­lich ver­ein­facht[7].

For­mel­le An­for­de­run­gen an eine Vor­sor­ge­voll­macht

Muss eine Vor­sor­ge­voll­macht be­glau­bigt oder be­ur­kun­det werden?

Grund­sätz­lich muss eine Vor­sor­ge­voll­macht nicht be­glau­bigt oder be­ur­kun­det werden, um recht­lich wirksam zu sein[7][9]. Aus Be­weis­grün­den emp­fiehlt sich jedoch die Schrift­form. Für be­stimm­te Rechts­ge­schäf­te, wie Grund­stücks­ge­schäf­te oder die Auf­nah­me von Dar­le­hen, ist eine no­ta­ri­el­le Be­ur­kun­dung zwin­gend er­for­der­lich[7][9].

Wer kann eine Vor­sor­ge­voll­macht er­tei­len?

Vo­raus­set­zung für das Er­tei­len einer Vor­sor­ge­voll­macht ist die volle Ge­schäfts­fä­hig­keit zum Zeit­punkt der Er­stel­lung[7][10]. Sie müssen also in der Lage sein, die Be­deu­tung und Trag­wei­te Ihrer Ent­schei­dung zu ver­ste­hen. Im Zwei­fel kann ein ärzt­li­ches Attest hilfreich sein, um die Ge­schäfts­fä­hig­keit zu do­ku­men­tie­ren.

Wich­ti­ge Hin­wei­se zur Er­stel­lung und Ver­wen­dung

Sorg­fäl­ti­ge Auswahl der be­voll­mäch­tig­ten Person

Die Auswahl der Ver­trau­ens­per­son sollte wohl­über­legt sein. Wählen Sie nur Per­so­nen, denen Sie voll­kom­men ver­trau­en. Be­spre­chen Sie mit ihnen vorab Ihre Wünsche und Vor­stel­lun­gen[10]. Es emp­fiehlt sich auch, eine Er­satz­per­son zu be­nen­nen für den Fall, dass Ihre erste Wahl selbst ver­hin­dert sein sollte[10].

Auf­be­wah­rung der Vor­sor­ge­voll­macht

Die Vor­sor­ge­voll­macht sollte an einem sicheren, aber im Be­darfs­fall zu­gäng­li­chen Ort auf­be­wahrt werden. In­for­mie­ren Sie Ihre be­voll­mäch­tig­te Person über den Auf­be­wah­rungs­ort. Eine Mög­lich­keit ist auch die Re­gis­trie­rung im Zen­tra­len Vor­sor­ge­re­gis­ter der Bun­des­no­tar­kam­mer[5].

Ab­gren­zung zu anderen Vor­sor­ge­do­ku­men­ten

Eine Vor­sor­ge­voll­macht sollte nicht mit anderen Vor­sor­ge­do­ku­men­ten ver­wech­selt werden[6]:

  • Pa­ti­en­ten­ver­fü­gung: Legt fest, welche me­di­zi­ni­schen Maß­nah­men Sie wünschen oder ab­leh­nen, wenn Sie nicht mehr selbst ent­schei­den können.
  • Be­treu­ungs­ver­fü­gung: Eine Willens­äu­ße­rung für das Be­treu­ungs­ge­richt, falls doch eine Be­treu­ung an­ge­ord­net werden muss.

Oft ist es sinn­voll, diese Do­ku­men­te zu kom­bi­nie­ren, um einen um­fas­sen­den Vor­sor­ge­schutz zu ge­währ­leis­ten[6].

Prak­ti­sche Tipps zur Er­stel­lung einer Vor­sor­ge­voll­macht

Checkliste für Ihre Vor­sor­ge­voll­macht

Um eine rechts­si­che­re Vor­sor­ge­voll­macht zu er­stel­len, sollten Sie fol­gen­de Punkte be­ach­ten:

  1. Voll­stän­di­ge Namen, Ge­burts­da­tum und An­schrif­ten von Voll­macht­ge­ber und Be­voll­mäch­tig­ten an­ge­ben[8]
  2. Klar for­mu­lie­ren, für welche Be­rei­che die Voll­macht gelten soll
  3. Fest­le­gen, ab wann die Voll­macht gelten soll (in der Regel bei Ein­tritt der Ent­schei­dungs­un­fä­hig­keit)
  4. Be­son­de­re Wünsche und An­wei­sun­gen für den Be­voll­mäch­tig­ten schrift­lich fest­hal­ten
  5. Datum und Un­ter­schrift nicht ver­ges­sen

Wann ist ein Notar sinn­voll?

Eine no­ta­ri­el­le Be­ur­kun­dung ist be­son­ders emp­feh­lens­wert, wenn:

  • Die Voll­macht Ver­mö­gens­an­ge­le­gen­hei­ten umfasst
  • Im­mo­bi­li­en vor­han­den sind
  • Für Un­ter­neh­mens­be­tei­li­gun­gen oder kom­ple­xe­re Fi­nanz­ge­schäf­te
  • Der Voll­macht­ge­ber bereits ge­sund­heit­lich ein­ge­schränkt ist[9]

No­ta­re bieten zudem eine recht­li­che Beratung, die hilft, Fehler zu ver­mei­den und die Voll­macht an Ihre per­sön­li­che Si­tua­ti­on an­zu­pas­sen[5].

Fazit

Eine Vor­sor­ge­voll­macht ist ein we­sent­li­ches Element der per­sön­li­chen Vor­sor­ge. Sie stellt sicher, dass im Fall einer Ent­schei­dungs­un­fä­hig­keit Ihre An­ge­le­gen­hei­ten so geregelt werden, wie Sie es sich wünschen. Durch die freie Wahl Ihrer Ver­trau­ens­per­son, die Fest­le­gung des Umfangs der Voll­macht und den Vorrang vor einer ge­richt­li­chen Be­treu­ung bleiben Sie selbst­be­stimmt - auch wenn Sie einmal nicht mehr selbst handeln können.

Die Er­stel­lung einer Vor­sor­ge­voll­macht ist kein kom­pli­zier­ter Prozess, erfordert aber sorg­fäl­ti­ge Über­le­gun­gen und ge­ge­be­nen­falls recht­li­che Beratung. Nehmen Sie sich daher aus­rei­chend Zeit, um dieses wich­ti­ge Do­ku­ment zu er­stel­len und sichern Sie damit Ihre Selbst­be­stim­mung für die Zukunft.