5 Argu­men­te gegen eine Patien­ten­ver­fü­gung - und was Sie darüber wissen sollten

Zusammenfassung

Eine Patientenverfügung sichert Ihre Selbstbestimmung bei medizinischen Entscheidungen, wenn Sie sich nicht mehr äußern können. Sie entlastet Angehörige und ermöglicht es, Behandlungswünsche klar festzulegen - sei es für oder gegen lebensverlängernde Maßnahmen. Präzise Formulierungen und regelmäßige Überprüfung sind entscheidend, um Missverständnisse zu vermeiden.

Eine Patien­ten­ver­fü­gung ermög­licht es Ihnen, selbst zu be­stimmen, welche medi­zi­ni­schen Maß­nah­men bei Ihnen durch­ge­führt werden sollen, wenn Sie sich in Zukunft einmal nicht mehr selbst äußern können. Trotz dieser wichtigen Funk­tion gibt es Menschen, die zögern, eine Patien­ten­ver­fü­gung zu verfassen. Hier be­leuch­ten wir die häufig­sten Ein­wände und geben Ihnen hilf­rei­che Infor­ma­tio­nen, um eine fun­dier­te Entschei­dung treffen zu können.

Person unterschreibt ein Dokument am Tisch, während eine andere Person unterstützend die Schulter berührt.

Gegen­argu­ment 1: "Ich möchte nicht, dass meine Patien­ten­ver­fü­gung falsch inter­pre­tiert wird!"

Die Sorge vor einer falschen Aus­legung der eigenen Patien­ten­ver­fü­gung ist nach­voll­zieh­bar. Tat­säch­lich ist eine Fehl­inter­pre­ta­tion nie voll­stän­dig aus­zu­schlie­ßen. Doch was wäre die Alter­na­tive? Ohne Patien­ten­ver­fü­gung haben Sie garan­tiert keine Selbst­be­stim­mung und über­lassen die Ent­schei­dung über Ihre Behand­lung anderen Personen. Im schlimm­sten Fall wird ein gesetz­li­cher Betreuer oder eine gesetz­li­che Betreu­erin ein­ge­setzt, die Sie gar nicht kennen und die dann über Ihr Leben und Ihren Tod ent­schei­det.

Je konkreter und spe­zi­fi­scher Sie Ihre Wünsche for­mu­lie­ren, desto geringer ist das Risiko einer Fehl­inter­pre­ta­tion. Eine Patien­ten­ver­fü­gung ist laut § 1827 BGB für Ärzt:innen und Betreuer:innen recht­lich bindend. Wer sich nicht daran hält, macht sich straf­bar.

Frau Meier erlebte, wie wichtig eine präzise for­mu­lier­te Patien­ten­ver­fü­gung sein kann: Ihr Vater hatte in seiner Ver­fü­gung nur all­ge­mein fest­ge­hal­ten, dass er “keine lebens­er­hal­ten­den Maß­nah­men” wünsche. Als er nach einem Schlag­an­fall ins Kranken­haus kam, waren die Ärzt:innen un­sicher, ob dies auch eine Anti­bio­ti­ka­the­ra­pie bei einer Ent­zün­dung aus­schlie­ßen sollte. Dies führte zu schwie­ri­gen Ge­sprä­chen in einer ohnehin be­las­ten­den Situation.

Tipp: Lassen Sie sich beim Ver­fassen Ihrer Patien­ten­ver­fü­gung beraten - etwa von Ihrem Haus­arzt oder Ihrer Haus­ärztin. So stellen Sie sicher, dass Ihre Wünsche medi­zi­nisch korrekt for­mu­liert sind und im Ernst­fall korrekt umge­setzt werden können.

Gegen­argu­ment 2: "Ich liebe das Leben und möchte, dass alle Maß­nah­men durch­ge­führt werden."

Dieser Gedanke ist sehr ver­ständ­lich. Doch gerade wenn Sie möchten, dass bestimmte lebens­er­hal­ten­de Maß­nah­men bei Ihnen durch­ge­führt werden, sollten Sie dies in einer Patien­ten­ver­fü­gung fest­hal­ten. Mit einer Patien­ten­ver­fü­gung können Sie nicht nur Behand­lun­gen ablehnen, sondern auch aus­drück­lich gewünschte Maß­nah­men fest­le­gen.

Wichtig ist, dass Sie dabei möglichst genau be­schrei­ben, welche Maß­nah­men Sie in welchen Situa­tio­nen wünschen. So können Sie etwa fest­le­gen, dass bei Ihnen eine künst­li­che Beatmung oder Ernährung auch über längere Zeit durch­ge­führt werden soll, wenn es eine Aussicht auf Besse­rung gibt.

Ein Beispiel: Herr Schmidt, 67 Jahre alt, hat nach reif­li­cher Über­le­gung in seiner Patien­ten­ver­fü­gung fest­ge­hal­ten, dass er bei einem akuten medi­zi­ni­schen Notfall alle medi­zi­nisch sinn­vol­len Maß­nah­men wünscht - ein­schließ­lich Wieder­be­le­bung und künst­li­cher Beatmung. Gleich­zei­tig hat er für den Fall einer unheil­ba­ren Erkran­kung im End­sta­di­um aus­drück­lich ver­merkt, dass er eine pallia­tiv­medi­zi­ni­sche Betreu­ung ohne lebens­ver­län­gern­de Maß­nah­men wünscht.

Tipp: Sie können in Ihrer Patien­ten­ver­fü­gung auch pallia­tiv­medi­zi­ni­sche Behand­lun­gen vor­ziehen. Menschen, die das Leben schätzen, möchten sich in bestimm­ten Situa­tio­nen vielleicht bewusst für Lebens­qua­li­tät statt Lebens­dauer entscheiden.

Gegen­argu­ment 3: "Ich möchte mich nicht mit meinem Tod be­schäf­ti­gen!"

Dieser Einwand ist men­sch­lich sehr nach­voll­zieh­bar. Sich mit dem eigenen Tod aus­ein­an­der­zu­set­zen, fällt den meisten Menschen schwer. Doch genau das kann ein Argument für eine Patien­ten­ver­fü­gung sein: Sie regeln damit Ihre Ange­le­gen­hei­ten voraus­schauend und nehmen Ihren Ange­hö­ri­gen schwie­ri­ge Ent­schei­dun­gen ab.

Eine Patien­ten­ver­fü­gung zu erstellen bedeutet nicht, den eigenen Tod herbei­zu­wün­schen oder zu be­schleu­ni­gen. Es bedeutet vielmehr, Verant­wor­tung für die eigene Gesund­heits­ver­sor­gung zu über­neh­men - auch für den Fall, dass Sie selbst nicht mehr ent­schei­den können.

Die Er­fah­rung zeigt: Viele Menschen berichten, dass sie sich nach dem Erstellen einer Patien­ten­ver­fü­gung erleich­tert fühlen, weil sie wissen, dass ihre Wünsche respek­tiert werden. So auch Frau Wagner, 52 Jahre alt, die lange zögerte, eine Patien­ten­ver­fü­gung zu verfassen: “Ich wollte mich einfach nicht mit dem Thema beschäf­ti­gen. Nachdem ich dann doch eine Patien­ten­ver­fü­gung erstellt habe, fühle ich mich jetzt viel besser. Ich weiß, dass meine Kinder nicht für mich ent­schei­den müssen und dass meine Wünsche beach­tet werden.”

Tipp: Sehen Sie die Erstel­lung einer Patien­ten­ver­fü­gung als Teil Ihrer Vor­sor­ge, ähnlich wie eine Alters­vor­sor­ge oder ein Testament. Es geht nicht um das Ende, sondern um die Sicher­heit, dass Ihre Wünsche respek­tiert werden.

Gegen­argu­ment 4: "Ich vertraue darauf, dass meine Ange­hö­ri­gen die richtigen Ent­schei­dun­gen treffen werden."

Das Vertrauen in nahe­ste­hen­de Menschen ist wert­voll. Doch ohne eine schrift­li­che Patien­ten­ver­fü­gung stehen Ihre Ange­hö­ri­gen im Ernst­fall vor schwie­ri­gen Ent­schei­dun­gen und müssen Ihren mut­maß­li­chen Willen erst er­mit­teln. Dies kann zu Unsicher­hei­ten und Kon­flik­ten führen.

Mit einer Patien­ten­ver­fü­gung ent­las­ten Sie Ihre Ange­hö­ri­gen emotional. Sie nehmen ihnen die Last, schwer­wie­gen­de Ent­schei­dun­gen über lebens­er­hal­ten­de Maß­nah­men treffen zu müssen, und bewahren sie vor möglichen Schuld­ge­füh­len.

Ein Fall aus der Praxis: Die Tochter eines 82-jährigen Mannes musste nach dessen Schlag­an­fall ent­schei­den, ob eine Magen­son­de zur künst­li­chen Ernährung gelegt werden sollte. Ohne Patien­ten­ver­fü­gung und ohne vorherige Gespräche über seine Wünsche fühlte sie sich mit dieser Ent­schei­dung überfordert. “Hätte mein Vater eine Patien­ten­ver­fü­gung gehabt, wäre mir diese Ent­schei­dung erspart geblieben”, erzählt sie später[3].

Tipp: Ergänzen Sie Ihre Patien­ten­ver­fü­gung mit einer Vor­sor­ge­voll­macht für eine vertraute Person. So stellen Sie sicher, dass jemand, der Ihre Werte und Wünsche kennt, für Sie eintreten kann[5].

Gegen­argu­ment 5: "Die medi­zi­ni­sche Situation ist zu komplex, um im Voraus fest­zu­le­gen, was ich möchte."

Medi­zi­ni­sche Ent­schei­dun­gen sind oft komplex, und Krank­heits­ver­läu­fe lassen sich nicht immer vorher­se­hen. Dennoch können Sie in einer Patien­ten­ver­fü­gung grund­le­gen­de Werte und Wünsche fest­hal­ten, die Ihnen wichtig sind[2].

Eine gute Patien­ten­ver­fü­gung berück­sich­tigt ver­schie­de­ne Szena­rien und gibt Hand­lungs­an­wei­sun­gen für unter­schied­li­che Situa­tio­nen. Sie können beispiels­weise fest­le­gen, dass bei einer kurz­fri­sti­gen Erkran­kung mit guter Heilungs­aus­sicht alle sinn­vol­len Maß­nah­men ergriffen werden sollen, während bei einer unheil­ba­ren Erkran­kung im End­sta­di­um auf lebens­ver­län­gern­de Maß­nah­men verzich­tet werden soll.

Eine Studie zeigt, dass zwischen 10 und 40 Prozent der Patient:innen über eine Patien­ten­ver­fü­gung verfügen[2]. Dabei kommt der Ein­for­de­rung einer aus­rei­chen­den Schmerz­the­ra­pie eine hohe Bedeu­tung zu. Aller­dings min­dern zahl­rei­che Probleme bei der Erstel­lung und Umset­zung die Wertig­keit von Patien­ten­ver­fü­gun­gen im klinischen Alltag, darunter vor allem unklare Geltungs­vor­aus­set­zun­gen, un­spe­zi­fi­sche Hand­lungs­an­wei­sun­gen und fehlende Verfüg­bar­keit[2].

Tipp: Über­prü­fen Sie Ihre Patien­ten­ver­fü­gung regel­mä­ßig und passen Sie sie bei Bedarf an - zum Beispiel, wenn sich Ihr Gesund­heits­zu­stand oder Ihre persön­li­chen Werte ändern. Eine regel­mä­ßi­ge Über­prü­fung wird auch von medizi­ni­schen Fach­kräf­ten empfohlen[2].

Patien­ten­ver­fü­gung: Mehr Sicher­heit als Risiken

Im Grunde gibt es keine wirk­li­chen Argumente gegen eine Patien­ten­ver­fü­gung. Eine sorg­sam erstellte Patien­ten­ver­fü­gung ist ein wert­vol­les Instrument, um Ihre Selbst­be­stim­mung zu wahren - auch dann, wenn Sie sich selbst nicht mehr äußern können. Gemäß der letzten Urteile des Bundes­ge­richts­hofs sind nur spezi­fi­sche und konkrete Patien­ten­ver­fü­gun­gen rechtlich bindend. Wenn Ihre Patien­ten­ver­fü­gung zu all­ge­mein formuliert ist, ist sie nicht gültig. Meiden Sie daher Formu­lare zum Ankreuzen.

Das Bundes­mini­ste­ri­um der Justiz bietet Text­bau­stei­ne für die Erstel­lung einer indivi­duel­len Patien­ten­ver­fü­gung an, die als Anregung und Formu­lie­rungs­hil­fe dienen können[5]. Diese können Ihnen helfen, Ihre persön­li­chen Wünsche präzise zu formu­lie­ren. Denken Sie auch daran, dass Sie Ihre Patien­ten­ver­fü­gung mit einer Vor­sor­ge­voll­macht ergänzen sollten. Das neue gesetz­li­che Not­ver­tre­tungs­recht bietet nur eine Not­lö­sung. Jeder benötigt weiter­hin eine Vor­sor­ge­voll­macht und Patien­ten­ver­fü­gung, wenn man im Ernst­fall die gravie­ren­den Nach­tei­le der gesetz­li­chen Rege­lung vermeiden möchte[3].

Tipp für die Praxis: Sprechen Sie mit Ihren Ange­hö­ri­gen über Ihre Wünsche und Vor­stel­lun­gen. Je besser diese Ihre Wert­vor­stel­lun­gen kennen, desto leichter fällt es ihnen, in Ihrem Sinne zu handeln - auch wenn einmal eine Situation ein­tre­ten sollte, die in Ihrer Patien­ten­ver­fü­gung nicht genau beschrieben ist.