5 Argumente gegen eine Patientenverfügung - und was Sie darüber wissen sollten
Zusammenfassung
Eine Patientenverfügung sichert Ihre Selbstbestimmung bei medizinischen Entscheidungen, wenn Sie sich nicht mehr äußern können. Sie entlastet Angehörige und ermöglicht es, Behandlungswünsche klar festzulegen - sei es für oder gegen lebensverlängernde Maßnahmen. Präzise Formulierungen und regelmäßige Überprüfung sind entscheidend, um Missverständnisse zu vermeiden.
- Gegenargument 1: "Ich möchte nicht, dass meine Patientenverfügung falsch interpretiert wird!"
- Gegenargument 2: "Ich liebe das Leben und möchte, dass alle Maßnahmen durchgeführt werden."
- Gegenargument 3: "Ich möchte mich nicht mit meinem Tod beschäftigen!"
- Gegenargument 4: "Ich vertraue darauf, dass meine Angehörigen die richtigen Entscheidungen treffen werden."
- Gegenargument 5: "Die medizinische Situation ist zu komplex, um im Voraus festzulegen, was ich möchte."
- Patientenverfügung: Mehr Sicherheit als Risiken
Eine Patientenverfügung ermöglicht es Ihnen, selbst zu bestimmen, welche medizinischen Maßnahmen bei Ihnen durchgeführt werden sollen, wenn Sie sich in Zukunft einmal nicht mehr selbst äußern können. Trotz dieser wichtigen Funktion gibt es Menschen, die zögern, eine Patientenverfügung zu verfassen. Hier beleuchten wir die häufigsten Einwände und geben Ihnen hilfreiche Informationen, um eine fundierte Entscheidung treffen zu können.

Gegenargument 1: "Ich möchte nicht, dass meine Patientenverfügung falsch interpretiert wird!"
Die Sorge vor einer falschen Auslegung der eigenen Patientenverfügung ist nachvollziehbar. Tatsächlich ist eine Fehlinterpretation nie vollständig auszuschließen. Doch was wäre die Alternative? Ohne Patientenverfügung haben Sie garantiert keine Selbstbestimmung und überlassen die Entscheidung über Ihre Behandlung anderen Personen. Im schlimmsten Fall wird ein gesetzlicher Betreuer oder eine gesetzliche Betreuerin eingesetzt, die Sie gar nicht kennen und die dann über Ihr Leben und Ihren Tod entscheidet.
Je konkreter und spezifischer Sie Ihre Wünsche formulieren, desto geringer ist das Risiko einer Fehlinterpretation. Eine Patientenverfügung ist laut § 1827 BGB für Ärzt:innen und Betreuer:innen rechtlich bindend. Wer sich nicht daran hält, macht sich strafbar.
Frau Meier erlebte, wie wichtig eine präzise formulierte Patientenverfügung sein kann: Ihr Vater hatte in seiner Verfügung nur allgemein festgehalten, dass er “keine lebenserhaltenden Maßnahmen” wünsche. Als er nach einem Schlaganfall ins Krankenhaus kam, waren die Ärzt:innen unsicher, ob dies auch eine Antibiotikatherapie bei einer Entzündung ausschließen sollte. Dies führte zu schwierigen Gesprächen in einer ohnehin belastenden Situation.
Tipp: Lassen Sie sich beim Verfassen Ihrer Patientenverfügung beraten - etwa von Ihrem Hausarzt oder Ihrer Hausärztin. So stellen Sie sicher, dass Ihre Wünsche medizinisch korrekt formuliert sind und im Ernstfall korrekt umgesetzt werden können.
Gegenargument 2: "Ich liebe das Leben und möchte, dass alle Maßnahmen durchgeführt werden."
Dieser Gedanke ist sehr verständlich. Doch gerade wenn Sie möchten, dass bestimmte lebenserhaltende Maßnahmen bei Ihnen durchgeführt werden, sollten Sie dies in einer Patientenverfügung festhalten. Mit einer Patientenverfügung können Sie nicht nur Behandlungen ablehnen, sondern auch ausdrücklich gewünschte Maßnahmen festlegen.
Wichtig ist, dass Sie dabei möglichst genau beschreiben, welche Maßnahmen Sie in welchen Situationen wünschen. So können Sie etwa festlegen, dass bei Ihnen eine künstliche Beatmung oder Ernährung auch über längere Zeit durchgeführt werden soll, wenn es eine Aussicht auf Besserung gibt.
Ein Beispiel: Herr Schmidt, 67 Jahre alt, hat nach reiflicher Überlegung in seiner Patientenverfügung festgehalten, dass er bei einem akuten medizinischen Notfall alle medizinisch sinnvollen Maßnahmen wünscht - einschließlich Wiederbelebung und künstlicher Beatmung. Gleichzeitig hat er für den Fall einer unheilbaren Erkrankung im Endstadium ausdrücklich vermerkt, dass er eine palliativmedizinische Betreuung ohne lebensverlängernde Maßnahmen wünscht.
Tipp: Sie können in Ihrer Patientenverfügung auch palliativmedizinische Behandlungen vorziehen. Menschen, die das Leben schätzen, möchten sich in bestimmten Situationen vielleicht bewusst für Lebensqualität statt Lebensdauer entscheiden.
Gegenargument 3: "Ich möchte mich nicht mit meinem Tod beschäftigen!"
Dieser Einwand ist menschlich sehr nachvollziehbar. Sich mit dem eigenen Tod auseinanderzusetzen, fällt den meisten Menschen schwer. Doch genau das kann ein Argument für eine Patientenverfügung sein: Sie regeln damit Ihre Angelegenheiten vorausschauend und nehmen Ihren Angehörigen schwierige Entscheidungen ab.
Eine Patientenverfügung zu erstellen bedeutet nicht, den eigenen Tod herbeizuwünschen oder zu beschleunigen. Es bedeutet vielmehr, Verantwortung für die eigene Gesundheitsversorgung zu übernehmen - auch für den Fall, dass Sie selbst nicht mehr entscheiden können.
Die Erfahrung zeigt: Viele Menschen berichten, dass sie sich nach dem Erstellen einer Patientenverfügung erleichtert fühlen, weil sie wissen, dass ihre Wünsche respektiert werden. So auch Frau Wagner, 52 Jahre alt, die lange zögerte, eine Patientenverfügung zu verfassen: “Ich wollte mich einfach nicht mit dem Thema beschäftigen. Nachdem ich dann doch eine Patientenverfügung erstellt habe, fühle ich mich jetzt viel besser. Ich weiß, dass meine Kinder nicht für mich entscheiden müssen und dass meine Wünsche beachtet werden.”
Tipp: Sehen Sie die Erstellung einer Patientenverfügung als Teil Ihrer Vorsorge, ähnlich wie eine Altersvorsorge oder ein Testament. Es geht nicht um das Ende, sondern um die Sicherheit, dass Ihre Wünsche respektiert werden.
Gegenargument 4: "Ich vertraue darauf, dass meine Angehörigen die richtigen Entscheidungen treffen werden."
Das Vertrauen in nahestehende Menschen ist wertvoll. Doch ohne eine schriftliche Patientenverfügung stehen Ihre Angehörigen im Ernstfall vor schwierigen Entscheidungen und müssen Ihren mutmaßlichen Willen erst ermitteln. Dies kann zu Unsicherheiten und Konflikten führen.
Mit einer Patientenverfügung entlasten Sie Ihre Angehörigen emotional. Sie nehmen ihnen die Last, schwerwiegende Entscheidungen über lebenserhaltende Maßnahmen treffen zu müssen, und bewahren sie vor möglichen Schuldgefühlen.
Ein Fall aus der Praxis: Die Tochter eines 82-jährigen Mannes musste nach dessen Schlaganfall entscheiden, ob eine Magensonde zur künstlichen Ernährung gelegt werden sollte. Ohne Patientenverfügung und ohne vorherige Gespräche über seine Wünsche fühlte sie sich mit dieser Entscheidung überfordert. “Hätte mein Vater eine Patientenverfügung gehabt, wäre mir diese Entscheidung erspart geblieben”, erzählt sie später[3].
Tipp: Ergänzen Sie Ihre Patientenverfügung mit einer Vorsorgevollmacht für eine vertraute Person. So stellen Sie sicher, dass jemand, der Ihre Werte und Wünsche kennt, für Sie eintreten kann[5].
Gegenargument 5: "Die medizinische Situation ist zu komplex, um im Voraus festzulegen, was ich möchte."
Medizinische Entscheidungen sind oft komplex, und Krankheitsverläufe lassen sich nicht immer vorhersehen. Dennoch können Sie in einer Patientenverfügung grundlegende Werte und Wünsche festhalten, die Ihnen wichtig sind[2].
Eine gute Patientenverfügung berücksichtigt verschiedene Szenarien und gibt Handlungsanweisungen für unterschiedliche Situationen. Sie können beispielsweise festlegen, dass bei einer kurzfristigen Erkrankung mit guter Heilungsaussicht alle sinnvollen Maßnahmen ergriffen werden sollen, während bei einer unheilbaren Erkrankung im Endstadium auf lebensverlängernde Maßnahmen verzichtet werden soll.
Eine Studie zeigt, dass zwischen 10 und 40 Prozent der Patient:innen über eine Patientenverfügung verfügen[2]. Dabei kommt der Einforderung einer ausreichenden Schmerztherapie eine hohe Bedeutung zu. Allerdings mindern zahlreiche Probleme bei der Erstellung und Umsetzung die Wertigkeit von Patientenverfügungen im klinischen Alltag, darunter vor allem unklare Geltungsvoraussetzungen, unspezifische Handlungsanweisungen und fehlende Verfügbarkeit[2].
Tipp: Überprüfen Sie Ihre Patientenverfügung regelmäßig und passen Sie sie bei Bedarf an - zum Beispiel, wenn sich Ihr Gesundheitszustand oder Ihre persönlichen Werte ändern. Eine regelmäßige Überprüfung wird auch von medizinischen Fachkräften empfohlen[2].
Patientenverfügung: Mehr Sicherheit als Risiken
Im Grunde gibt es keine wirklichen Argumente gegen eine Patientenverfügung. Eine sorgsam erstellte Patientenverfügung ist ein wertvolles Instrument, um Ihre Selbstbestimmung zu wahren - auch dann, wenn Sie sich selbst nicht mehr äußern können. Gemäß der letzten Urteile des Bundesgerichtshofs sind nur spezifische und konkrete Patientenverfügungen rechtlich bindend. Wenn Ihre Patientenverfügung zu allgemein formuliert ist, ist sie nicht gültig. Meiden Sie daher Formulare zum Ankreuzen.
Das Bundesministerium der Justiz bietet Textbausteine für die Erstellung einer individuellen Patientenverfügung an, die als Anregung und Formulierungshilfe dienen können[5]. Diese können Ihnen helfen, Ihre persönlichen Wünsche präzise zu formulieren. Denken Sie auch daran, dass Sie Ihre Patientenverfügung mit einer Vorsorgevollmacht ergänzen sollten. Das neue gesetzliche Notvertretungsrecht bietet nur eine Notlösung. Jeder benötigt weiterhin eine Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung, wenn man im Ernstfall die gravierenden Nachteile der gesetzlichen Regelung vermeiden möchte[3].
Tipp für die Praxis: Sprechen Sie mit Ihren Angehörigen über Ihre Wünsche und Vorstellungen. Je besser diese Ihre Wertvorstellungen kennen, desto leichter fällt es ihnen, in Ihrem Sinne zu handeln - auch wenn einmal eine Situation eintreten sollte, die in Ihrer Patientenverfügung nicht genau beschrieben ist.