Die 10 häufigsten Irrtümer zur Patientenverfügung
Zusammenfassung
Eine Patientenverfügung ermöglicht es Ihnen, medizinische Behandlungswünsche für den Fall festzulegen, dass Sie selbst nicht mehr entscheidungsfähig sind. Sie ist für Menschen jeden Alters sinnvoll, muss schriftlich und konkret formuliert sein und kann durch eine Vorsorgevollmacht ergänzt werden. Regelmäßige Überprüfung und klare Kommunikation mit Vertrauenspersonen stärken ihre Wirksamkeit und entlasten Angehörige sowie medizinisches Personal.
Eine Patientenverfügung ist ein wichtiges Vorsorgedokument, mit dem Sie festlegen können, welche medizinischen Maßnahmen Sie wünschen oder ablehnen, falls Sie selbst nicht mehr entscheidungsfähig sein sollten. Die gesetzliche Grundlage dafür ist in § 1827 BGB verankert. Obwohl viele Menschen die Bedeutung einer Patientenverfügung kennen, kursieren zahlreiche Missverständnisse. Hier erfahren Sie, welche Irrtümer am häufigsten vorkommen und wie es tatsächlich richtig ist.

Irrtum 1: Eine Patientenverfügung ist nur für ältere Menschen sinnvoll
Die Wahrheit: Eine Patientenverfügung ist in jedem Lebensalter sinnvoll. Unfälle, Schlaganfälle oder schwere Erkrankungen können Menschen jeden Alters treffen. Auch junge Menschen können plötzlich in die Situation kommen, ihre Wünsche nicht mehr äußern zu können[10]. Eine frühe Vorsorge gibt Ihnen und Ihren Angehörigen Sicherheit, unabhängig vom Alter.
Je nach Lebensphase kann der Inhalt Ihrer Patientenverfügung unterschiedlich ausfallen. Als jüngerer Mensch möchten Sie vielleicht, dass im Falle eines Unfalls alle medizinischen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, während Sie im höheren Alter oder bei schwerer Krankheit eher lebensverlängernde Maßnahmen begrenzen möchten[8].
Irrtum 2: Meine Angehörigen können für mich entscheiden
Die Wahrheit: Ehepartner:innen und Kinder sind nicht automatisch Ihre gesetzlichen Vertreter:innen[8]. Ohne eine Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht haben Ihre Angehörigen kein rechtliches Mitspracherecht bei medizinischen Entscheidungen. Dann muss im Ernstfall zunächst das Betreuungsgericht eine rechtliche Betreuung anordnen - ein zeitaufwändiger Prozess[9].
Zudem wissen selbst nahestehende Angehörige oft nicht genau, was Sie sich in bestimmten Situationen wünschen würden. Gesundheitsthemen sind selten Gesprächsstoff im Familienkreis, und ohne klare Vorgaben sind Angehörige in schwierigen Lebenssituationen oft orientierungslos[9].
Irrtum 3: Eine mündliche Mitteilung meiner Wünsche reicht aus
Die Wahrheit: Seit dem 1. September 2009 muss eine Patientenverfügung schriftlich vorliegen. Mündliche Äußerungen allein haben keine rechtliche Bindungskraft. Besonders wenn es um weitreichende Entscheidungen wie das Abschalten lebenserhaltender Geräte geht, ist eine schriftliche Dokumentation unverzichtbar.
Die schriftliche Form bietet sowohl für Sie als auch für medizinisches Personal mehr Sicherheit. So kann nur das umgesetzt werden, was Sie selbst entschieden haben[5].
Irrtum 4: Eine Patientenverfügung muss notariell beglaubigt sein
Die Wahrheit: Eine Patientenverfügung ist mit Datum und Ihrer eigenhändigen Unterschrift gültig[7]. Eine notarielle Beglaubigung ist nicht zwingend erforderlich[8][9]. Der Gesetzgeber hat lediglich die Schriftform vorgeschrieben - es handelt sich also um eine schriftlich festgehaltene Willenserklärung mit eigenhändiger Unterschrift[9].
Allerdings kann eine notarielle Beglaubigung in Zweifelsfällen hilfreich sein, besonders wenn an Ihrer Einwilligungsfähigkeit Zweifel bestehen könnten. Notar:innen prüfen Ihre Einwilligungsfähigkeit, und die Beglaubigung bestätigt die Verbindlichkeit Ihres Willens[8].
Irrtum 5: Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung sind dasselbe
Die Wahrheit: Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht haben unterschiedliche Funktionen und ergänzen sich[8]:
- Die Patientenverfügung richtet sich an Ärzt:innen und legt fest, welche medizinischen Behandlungen Sie wünschen oder ablehnen.
- Die Vorsorgevollmacht bestimmt eine Person Ihres Vertrauens, die in Ihrem Sinne entscheiden kann, wenn Sie dazu nicht mehr in der Lage sind.
Eine Kombination beider Dokumente ist sinnvoll: In der Patientenverfügung legen Sie Ihre Wünsche fest, und mit der Vorsorgevollmacht bevollmächtigen Sie eine Person, diese Wünsche durchzusetzen[3].
Irrtum 6: Allgemeine Formulierungen reichen aus
Die Wahrheit: Pauschale Aussagen wie “keine lebenserhaltenden Maßnahmen” sind laut Bundesgerichtshof nicht ausreichend[7]. Ihre Patientenverfügung sollte konkrete Anweisungen zu Themen wie künstlicher Ernährung, Beatmung, Schmerzbehandlung, Wiederbelebung und Organspende enthalten[2][7].
Je genauer Ihre Verfügung formuliert ist, desto weniger belasten Sie Ihre Angehörigen mit Gewissenskonflikten[4]. Ihre Wünsche sollten nach dem Schema “Wenn dieser Zustand eintritt, dann soll diese konkrete Behandlung erfolgen oder nicht erfolgen” formuliert sein[9].
Irrtum 7: Die Patientenverfügung muss jährlich erneuert werden
Die Wahrheit: Gesetzlich gibt es keine Befristung der Patientenverfügung[9]. Ihre Patientenverfügung bleibt gültig, bis Sie sie widerrufen oder vernichten[5].
Dennoch ist es ratsam, das Dokument in regelmäßigen Abständen (etwa alle ein bis zwei Jahre) zu überprüfen und mit aktuellem Datum neu zu unterschreiben. Dies stärkt die Beweiskraft und zeigt, dass Ihre darin festgehaltenen Wünsche noch aktuell sind[9]. Medizinische Behandlungsmöglichkeiten und persönliche Wünsche können sich im Laufe der Zeit ändern[5].
Irrtum 8: Ärzt:innen halten sich nicht an die Patientenverfügung
Die Wahrheit: Liegt eine rechtswirksame Patientenverfügung vor, sind Ärzt:innen daran gebunden[9]. Die Patientenverfügung ist für jeden Arzt und jede Ärztin rechtlich verpflichtend[8]. Bei Missachtung können sich Ärzt:innen wegen Körperverletzung strafbar machen, da eine Behandlung ohne Einwilligung durchgeführt würde[9].
Wenn Ihre Patientenverfügung jedoch nicht eindeutig formuliert ist, muss das medizinische Personal abwägen, ob die konkrete Situation von Ihren Vorgaben erfasst ist oder nicht[9].
Irrtum 9: Mit einer Patientenverfügung wird man im Notfall nicht behandelt
Die Wahrheit: Eine Patientenverfügung verhindert keine notwendige Notfallbehandlung[9]. Im Akutfall wird das medizinische Personal immer lebensrettende Maßnahmen einleiten. Die Patientenverfügung kommt erst bei der Planung der weiteren Behandlung zum Tragen, wenn die akute Gefahr vorüber ist.
Sie können darauf vertrauen: Ihre Patientenverfügung wird lebensrettende Sofortmaßnahmen nicht verhindern. Erst bei der anschließenden Behandlung werden Ihre festgelegten Wünsche berücksichtigt[9].
Irrtum 10: Eine Patientenverfügung zu erstellen ist kompliziert
Die Wahrheit: Eine Patientenverfügung lässt sich heute recht einfach erstellen[9]. Es gibt viele Hilfsangebote: Vorlagen des Bundesgesundheitsministeriums[3], Beratungsangebote durch Ärzt:innen oder Rechtsexpert:innen, und auch Online-Dienste können unterstützen.
Wichtig ist, nicht einfach Vordrucke zu verwenden, sondern Ihre individuelle Situation und Ihre persönlichen Wünsche zu berücksichtigen. Eine fachkundige Beratung kann dabei helfen, Ihre Verfügung rechtlich sicher zu formulieren[5].
Wie sollten Sie bei der Erstellung einer Patientenverfügung vorgehen?
- Informieren Sie sich über medizinische Möglichkeiten und rechtliche Grundlagen.
- Überlegen Sie sich, welche Behandlungswünsche Sie in welchen Situationen haben.
- Holen Sie sich Beratung bei medizinischen oder rechtlichen Fachpersonen.
- Formulieren Sie Ihre Wünsche möglichst konkret.
- Unterschreiben und datieren Sie das Dokument.
- Informieren Sie Ihre Vertrauenspersonen über Inhalt und Aufbewahrungsort.
- Überprüfen Sie Ihre Patientenverfügung regelmäßig und aktualisieren Sie sie bei Bedarf.
Eine gut durchdachte Patientenverfügung gibt Ihnen die Sicherheit, dass Ihre Wünsche respektiert werden, auch wenn Sie sie nicht mehr selbst äußern können. Sie entlastet zudem Ihre Angehörigen und das behandelnde medizinische Personal bei schwierigen Entscheidungen.
Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht - eine sinnvolle Kombination
Für eine umfassende Vorsorge empfiehlt sich die Kombination aus Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht. Während die Patientenverfügung Ihre konkreten Behandlungswünsche festhält, ermächtigt die Vorsorgevollmacht eine Person Ihres Vertrauens, diese Wünsche durchzusetzen und in nicht geregelten Fällen in Ihrem Sinne zu entscheiden[8].
Das Bundesministerium der Justiz stellt Textbausteine zur Erstellung einer individuellen Patientenverfügung zur Verfügung, die als Anregung und Formulierungshilfe dienen können[3].
Eine Patientenverfügung ist ein persönliches Dokument, das Ihre individuelle Haltung zum Leben und Sterben widerspiegelt. Nehmen Sie sich Zeit dafür - es geht um Ihre Selbstbestimmung in entscheidenden Lebenssituationen.